veröffentlicht in der “AZ-Vogelinfo” 1/2023
Historie
Der italienische Züchter Giuliano Passignani verpaarte 1973 ein gelb geschecktes Gloster-Männchen sowie ein anderes Gloster-Männchen in Melanin weißgrundig mit einem gelben bzw. einem orangefarbenen Frisé du Nord-Weibchen. Die Nachkommen waren unterschiedlich groß, hatten Frisuren ähnlich dem Frisé du Nord und einige trugen eine Haube. Die weiblichen Nachkommen erwiesen sich im kommenden Jahr als hervorragende Ammen für die Crest-Zucht Passignanis.
Er gab ein paar dieser Ammenvögel an die befreundeten Züchter Michele Del Prete und Professor Umberto Zingoni ab. Im darauffolgenden Jahr erfuhr Passignani, dass die beiden Züchter aus diesen Vögeln eine neue Kanarienrasse schaffen wollten: einen kleinen Frisé-Kanarie mit Haube. Passignani war begeistert von dieser Idee, hat aber nie selbst Fiorinos gezüchtet. Er überließ seinem nahen Verwandten Roberto Malinconi geeignete Vögel zur weiteren Zucht.
Die neue Rasse bekam den Namen „Fiorino“. Nicht nach der Stadt Florenz (in der Landessprache „Firenze“), sondern der Name wurde von der Goldmünze „Fiorino d’oro“ (Florentiner) abgeleitet, die vom 13. bis 16. Jahrhundert in Florenz geprägt wurde.
Bei den nationalen Meisterschaften Italiens 1981, in den prächtigen Räumen des Palazzo Re Enzo von Bologna, wurden diese Vögel zum ersten Mal offiziell ausgestellt. Malinconi konnte mit seinen Vögeln die ersten fünf Plätze erringen. Um die gewünschte Kleinheit der Vögel zu bekommen, kreuzte Umberto Zingoni Kapuzenzeisige in seine Zucht ein. Deshalb waren seine Vögel in dieser Schau noch nicht vollständig frisiert.[1]
Zur italienischen Meisterschaft 1985 wurde der Fiorino national anerkannt. Nachdem die Rasse ab 1982 mehrere Jahre lang auch an C.O.M.-Wettbewerben teilgenommen hatte, wurde sie schließlich 1989 auf der C.O.M.-Ausstellung in Italien offiziell anerkannt.
Rassebeschreibung
Der Fiorino ist eine kleine Frisé-Kanarienrasse mit aufrechter Haltung, die in Italien erschaffen wurde. Er ist als Haubenvogel und als Glattkopf in allen Kanarienfarben, einschließlich der Schecken, zugelassen.
Der Fiorino hat viele Gemeinsamkeiten mit dem Frisé du Nord (Nordholländer). Trotzdem wird er hin und wieder als „Mini-Paduaner“ bezeichnet, was jedoch nicht stimmt, da wesentliche Merkmale des Paduaner, wie z. B. der Kragen, beim Fiorino fehlen.
Wie beim Frisé du Nord wird die Aufmerksamkeit auf den scharfen Kontrast zwischen den drei Primärfrisuren (Rücken-, Flanken- und Brustfrisur) und den dazwischen befindlichen, glatt befiederten, Körperstellen gelenkt.
Bewertungspositionen
Größe und Form – 15 Punkte: Der Fiorino soll ein kleiner Vogel sein, der nicht mehr als 13 cm lang sein darf. Die geringe Größe ist ein wesentlicher Unterschied zum Frisé du Nord (Nordholländer). Die Körperform ist – als Erbe des Glosters – etwas fülliger und nicht so lang gestreckt wie die des Frisé du Nord.
Kopf und Hals – 15 Punkte: Bevorzugt wird eine runde und gewölbte Haube, wie sie auch beim Gloster gefordert wird. Leider sind solche Hauben nur sehr selten zu finden. Von dem in der Kopfmitte gelegenen kleinen Mittelpunkt fallen die Haubenfedern allseitig und gleichmäßig herab. Die Augen dürfen nicht bedeckt und eine Kahlstelle im Nacken darf nicht sichtbar sein. Andere Kopffrisuren sind nicht zulässig und weisen auf eine Einkreuzung fremder Rassen hin.
Der Kopf des Glattkopfpartners soll breit und rund sein und deutliche Überaugenwülste besitzen. Der Kopf muss somit alle Voraussetzungen mitbringen, die ihn zum Tragen einer Haube befähigen könnte. Frisuren aller Art auf dem Kopf sind nicht zulässig.
Der glatt befiederte Hals muss sich deutlich von den Frisuren des Rumpfes abgrenzen.
Haltung – 10 Punkte: Der Fiorino soll aufrecht in einem Winkel von 55 Grad zur Sitzstange stehen. Hals, Rücken und Schwanz bilden dabei eine gerade Linie.
Gefieder – 10 Punkte: Das Gefieder soll voluminös und seidig sein. Außerhalb der drei Primärfrisuren muss das Gefieder glatt anliegen.
Rückenfrisur (Mantello) – 10 Punkte: Beginnend an den Schultern verläuft in der Mitte des Rückens ein geradlinig verlaufender Scheitel, von dem aus die Rückenfedern gleichmäßig, beidseitig gewölbt, herabfallen, vergleichbar mit einem in der Mitte aufgeschlagenen Buch.
Flankenfrisur (Fianci) – 10 Punkte: Von der Oberseite der befiederten Unterschenkel streben beidseitig breite Federn nach oben.
Brustfrisur (Gozzo) – 10 Punkte: Die Federn der Brustfrisur wölben sich von beiden Körperseiten symmetrisch zum Brustbein, rollen sich dort ein und bilden eine geschlossene Schale, aber kein offenes Körbchen.
Flügel – 5 Punkte: Die vollständig vorhandenen Flügelfedern liegen eng am Körper an und dürfen sich am Bürzel nicht kreuzen oder herabhängen. Die Federn der Rückenfrisur und die Flankenfedern überdecken einen Teil der Flügel.
Beine – 5 Punkte: Die nur wenig sichtbaren Unterschenkel sind befiedert. Die Läufe und Zehen müssen in ihrer Länge und Größe harmonisch zum Körper passen.
Schwanz – 5 Punkte: Der Schwanz soll schmal und relativ kurz sein und so die etwas gedrungene Form des Fiorino unterstreichen. Die Schwanzspitze ist nur gering eingekerbt.
Kondition – 5 Punkte: Der lebhafte, aber nicht scheue Vogel ist sauber und zeigt sich in guter Kondition und Käfiggewöhnung.
Haltung und Zucht
Der Fiorino ist eine der am häufigsten gezüchteten frisierten Kanarienrassen. An die Haltung und Fütterung stellt der Fiorino keine besonders zu beachtenden Ansprüche. Ein Anfänger in der Frisé-Kanarienzucht muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass es viel Zeit und Hingabe erfordert, Vögel zu züchten, die den Standardvorgaben so nahe wie möglich kommen. Der Fiorino kommt einem Neuling sehr entgegen, denn er vermehrt sich freudig und problemlos, sodass schon einmal eine erste Hürde genommen werden kann.
Der Fiorino kann, wie andere Kanarienrassen, außerhalb der Brutzeit in Flugkäfigen und Volieren gehalten werden. Während der Zuchtperiode ist eine paarweise Haltung in Zuchtboxen, wie sie für andere kleine Rassen geeignet sind, zu empfehlen. In der Mauserzeit ist ein proteinreiches Futter zu reichen, damit sich die Federfülle gut entwickeln kann.
Um gute Ausstellungsvögel zu bekommen, sind bei den Paarzusammenstellungen die allgemeingültigen Regeln in der Kombination der Federtextur zu beachten. Eine reine Verpaarung von Vögeln mit einer feinen, kurzen Feder führt schnell zu offenen Frisuren; die häufige Verpaarung von Vögeln mit langer, breiter Feder führt zu einem lockeren Gefieder und die Frisuren hängen herab, statt sich straff in die richtige Richtung zu biegen. Bei rein aufgehellten Stämmen lässt die Gefiederqualität schnell nach. Um dem entgegenzuwirken, sollte man hin und wieder Melaninvögel oder gescheckte Vögel einkreuzen.
Wie bei allen Kanarienvögeln muss generell ein Haubenvogel an einen Glattkopfpartner verpaart werden, da es sich bei der Haube um einen subletalen Faktor handelt.
Trotz aller Selektion kann es vorkommen, dass eine anfänglich perfekt erscheinende Mantelfrisur nach der ersten Mauser nicht mehr symmetrisch nachwächst, da die Federn der Rückenfrisur alle aus der gleichen Federflur entspringen. Deshalb muss die Selektion der Zuchtvögel rigoros sein und diejenigen Vögel sind aus der Zucht ausschließen, die Mängel im Gefieder, in der Größe und im Brutverlauf haben. Da auch beim Fiorino, wie bei allen anderen Rassen, eine Tendenz zum Größerwerden zu beobachten ist, muss auf die Einhaltung der maximalen Größe besonderer Wert gelegt werden. Es ist der Rasse nicht dienlich, wenn Fiorinos als etwas zu klein geratene Nordholländer gelten könnten und unter diesen Namen auch an Wettbewerben teilnehmen.
Quellen und Literatur
[1] Passignani, G.: La Storia del Fiorino. Unter: https://www.associazionefiorentinaornitologica.it/articoli1/index [Stand: 28.08.2024]
Schramm, N.: Kompendium – Kanarienvögel, Band 3, Positurkanarien aus aller Welt. Books on Demand, Norderstedt, 2021. Siehe auch