veröffentlicht im „Der Vogelfreund“ 9/2024
Der TorZuino
Die Neugierde und der Erfindergeist der Menschen in allen Bereichen des Lebens wird nie aufhören. Das ist auch in der Vogelzucht der Fall. In den vergangenen Jahren haben wir den Rogetto und den Benacus als neue, international anerkannten, Positurkanarienrassen bekommen. Seit einiger Zeit wird in Italien eine neue „Spielkarte“ gezückt, die zur C.O.M.-Weltschau in Talavera de la Reina international ausgespielt wurde.
Historie
Die Entwicklung des TorZuino ist gut dokumentiert, da diese der Rasseschöpfer Valter Pittini in einer italienischen Fachzeitschrift veröffentlicht hat.[1]
Valter Pittini züchtet seit 1978 Kanarienvögel und widmete sich bis 2008 ausschließlich der Zucht von Fiorinos. Seine Züchterfreunde Prof. Umberto Zingoni und Michele Del Prete kreuzten verschiedene Rassen miteinander und schufen so den kleinen frisierten Fiorino. Angespornt von diesem Erfolg wollte Valter Pittini Ähnliches versuchen.
Bereits im Jahr 2000 hatte er die Idee, eine neue Rasse zu kreieren: einen kleinen Kanarienvogel, mit Frisuren, einer Haube und einer leicht gebogenem Haltung. Ein ehrgeiziges Projekt, aber so spannend, dass er sich fortan an die Verwirklichung seines großen Traums wagte. Unterstützung für seine Idee fand er bei Sergio Zanfagnin, mit dem er einen ersten Standard für diese neue Kanarienrasse entwickelte. Nun galt es den richtigen züchterischen Weg zu finden. Von Sergio Zanfagnin bekam er Gibber Italicus, Francesco Tavars gab Frisé du Sud (Südholländer) dazu und von Giancarlo Cernaz bekam er kleine Bossu Belge. Valter Pittini hatte in seiner Zuchtanlage neben Fiorinos auch Japan Hoso und kleine Münchener.
Zuerst wurden Hauben-Fiorinos mit Gibber Italicus und Frisé du Sud verpaart. Die Nachkommen hatten gute Rücken- und Flankenfrisuren, aber die Brustfrisuren entsprachen nicht den Erwartungen. Auch die angestrebte Kleinheit und die Haltung entsprach eher dem Gibber Italicus. Es waren die ersten zaghaften Schritte.
Um die gewünschte Kleinheit zu erreichen, verpaarte er die ersten Nachkommen der ursprünglichen Kreuzung mit Japan Hoso, Münchener und kleinen Bossu Belge. Im Ergebnis entstanden Vögel mit leicht verkürzten Hälsen, die die gewünschte Größe von 13 cm und eine leicht gebogene Haltung hatten, aber die Frisuren waren fast vollständig verschwunden. Da die Hälse im Verlauf der Verpaarungen noch kürzer wurden, kreuzte Valter Pittini erneut Gibber Italicus ein. Das brachte zunächst ein gutes Ergebnis, allerdings verschlechterte sich das Gefieder der Schenkel, die federlos waren.
Trotz des Wechsels von einem Schritt vor und zwei Schritten zurück hat er nie daran gedacht, das Projekt aufzugeben. Im Jahr 2013 konnte Valter Pittini die ersten Vögel der neuen Rasse mit den gewünschten Merkmalen vorstellen. Zur 49. italienischen Meisterschaft 2014 in Cesena stellte er einige Vögel außer Konkurrenz aus. Der Standard, der in Italien 2018 offiziell vorgestellt wurde, ist die Grundlage der nationalen und späteren internationalen Rasse TorZuino.
Der Name dieser neuen Rasse leitet sich vom Heimatort des Schöpfers ab: Torviscosa, die im einheimischen furlanischen Dialekt „Tor di Zuin“ genannt wird. Diese kleine Gemeinde liegt im äußersten Nordosten Italiens, in der Region Friaul-Julisch Venetien.
Die Rassemerkmale
Als TorZuinos das erste Mal ausgestellt wurden, riefen einige Besucher spontan: „Aber das ist doch nur ein Fiorino mit einer anderen Haltung“. Auf den ersten Blick ist dies keine völlig falsche Aussage. Aber es ist zu einfach, die Unterschiede zwischen beiden Rassen nur in der Haltung festzumachen, und so die neue Rasse zu einer albernen Kopie des Fiorinos abzuwerten. Ich versuche deshalb den 2018 in Italien verabschiedeten Rassestandard zu kommentieren.
Mit einer Größe von 13 cm ist er die kleinste frisierte Figurenrasse und ist somit gleich groß wie der Fiorino und der Mehringer Frisé, die aber beide eine „normale“ Haltung einnehmen. Wenn die Größe so gering ist, muss sie zwangsläufig als wichtigster Punkt auf der Werteskala erscheinen.
Der TorZuino muss in seiner Arbeitshaltung aufrecht stehen, wobei Rücken und Schwanz eine senkrechte Linie bilden. Der Hals und der Kopf werden nach vorn und oben gebeugt, so dass kein scharfer Winkel oder Knick an den Schultern entsteht. Ein TorZuino, der diese typische Körperhaltung nicht hat, ist kein TorZuino. Aus diesem Grund bekommt auch dieses Merkmal eine hohe Wertigkeit in der Punkteskala.
Der drittwichtigste Punkt ist der Kopf und der Hals. Für einen Neuling mag der Kopf des TorZuino auf den ersten Blick wie der eines Fiorino aussehen, aber er unterscheidet sich von ihm in einigen Merkmalen. Im Gegensatz zum gerundeten Kopf des Fiorinos, muss der Kopf des TorZuino klein und schlangenförmig, oval, leicht flach, aber nicht eckig, sein. Die Glattköpfe müssen sichtbare Überaugenwülste („Augenbrauen“) haben. Die Haube soll symmetrisch und kompakt sein. Sie endet unmittelbar hinter den Augen, die sichtbar sind. Im Nackenbereich gehen die Federn der Haube harmonisch in das Gefieder des Nackens über, sodass die Haube einen hufeisenförmigen Eindruck hinterlässt.
Das Gefieder muss seidig und etwas weniger üppig sein als beim Fiorino. Letzteres ist ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen diesen beiden Rassen. Außerhalb der drei Frisuren muss das Gefieder glatt anliegen, auch am Bauch.
Während beim Fiorino die Brustfrisur geschlossen sein soll, bilden beim TorZuino die beiden Frisurenteile, die von den Seiten zur Mitte hin zusammenlaufen, eine kleine Lücke, die an die Form eines Körbchens erinnert. Unbefiederte Stellen am Brustbein sind nicht vorhanden.
Bewertungspositionen
Allgemeiner Standard und Anmerkungen zu den einzelnen Angaben des „TorZuino“ 1
Größe – 15 Punkte: Länge nicht mehr als 13 cm.
Haltung – 15 Punkte: Sehr aufrecht; Körper in einer Linie mit den Schultern; das Körperprofil ist leicht gebogen, weil der Hals sich nach vorne und oben richtet, sodass absolut kein Winkel zwischen Hals und Schultern vorhanden ist.
Kopf und Hals – 15 Punkte: Der Kopf ist klein und schlangenförmig, oval, leicht abgeflacht und nicht eckig. Überaugenwülste müssen vorhanden sein. Der Schnabel ist klein und passt harmonisch zum Kopf.
Die Haube ist symmetrisch, kompakt und gibt den Blick auf die Augen frei. Die Haubenfedern liegen im Nacken gut an und verschmelzen mit den Halsfedern. So entsteht der Eindruck einer hufeisenförmigen Haube.
Der Hals ist lang und dünn und setzt die Linie des Körpers fort.
Gefieder – 10 Punkte: Seidig, etwas weniger üppig als beim Fiorino; glatter Bauch.
Brustfrisur – 10 Punkte: Zwei Locken, die von den Seiten des Halses zur Mitte hin zusammenlaufen und eine kleine Lücke bilden, die an die Form eines Körbchens erinnert; kahle Stellen fehlen.
Beine – 10 Punkte: Lange, parallel gehaltene und leicht angewinkelte Ständer; Unterschenkel sichtbar und mit kleinen Federn bedeckt.
Schultern/Rückenfrisur – 5 Punkte: Proportional zum Körper, symmetrisch, gut verteilt, über den ganzen Rücken reichend.
Flankenfrisur – 5 Punkte: Leicht buschig, aufrecht, symmetrisch, nach oben gebogen, fast bis zu den Flügeln und bis zu den Frisuren der Schultern.
Flügel – 5 Punkte: Sie sind lang, gut am Körper anliegend und erstrecken sich über die gesamte Länge des Rückens bis kurz hinter die Schwanzwurzel.
Schwanz – 5 Punkte: Schmal, geschlossen; steht im Verhältnis zum Körper; leicht gegabelt und senkrecht zur Sitzstange getragen
Kondition – 5 Punkte: Sauber und in ausgezeichneter Verfassung, die Gesundheit und Vitalität zeigt.
Bewertungsverfahren: Wenn der TorZuino bewertet wird, muss er auf einem hohen Tisch platziert werden. Zum Präsentieren und Beobachten ist zu bedenken, dass dies in den wärmsten Stunden immer günstiger ist, ihn zu beurteilen.
Folgendes ist hervorzuheben:
- Der TorZuino ist ein frisierter Kanarienvogel, der zu den als leicht erkennbaren Rassen gehört.
- Der Kanarienvogel muss mit dem F.O.I.-Ring Typ A beringt sein (entspricht 3mm)
- Alle Farben sind erlaubt.
Bei dem Schaukäfig handelt es sich um einen Kuppelkäfig mit einer einzigen Sitzstange in der Mitte oben, oval und mit einem Durchmesser von 10 mm, und einer weiteren unten an der Seite.
Quellen
Pittini, V.: Ultimissime – Vi presento il „TorZuino“. Italia Ornitologica 10/2014.